Mittwoch, 26. Oktober 2016

Des Menschen freier Wille



In der vergangenen Woche gab es im Forum eine denkwürdige und tiefgreifende Diskussion bezüglich des freien Willens des Menschen. Bekanntlich hat Luther sich auf den Standpunkt gestellt, dass der Mensch keinen freien Willen hätte, aber das würde ja bedeuten, dass er von Instinkten wie die Tiere geleitet würde. Also, gibt es einen freien Willen und wenn ja, wie sähe dieser aus? Ein Bruder stellt dazu folgenden Einwand:

"Wenn ich mich vollends dem Willen Gottes unterwerfe, dann ist es ja nicht mehr freier Wille, wenn mein Wille nicht mit dem Gottes kongruent ist!"


Ich denke, diese Bemerkung ist auf folgendes Zitat einer in diesem Zusammenhang diskutierten Schrift zurückzuführen:

"Wo ein Mensch den erkannten Willen Gottes tut, da tut er nicht nach seinem eigenen Willen, sondern nach dem Willen Gottes; was aber der Wille Gottes tut im Menschen oder im schon reinen Engel, das ist dann sicher nicht ein Werk pur des Menschen oder eines Engels, sondern ein Werk dessen, wessen der Wille ist, nach dem ein Werk vollbracht ward."

Ja, zugegeben, es ist schon etwas verwirrend anzunehmen, wenn wir den Willen Gottes täten, dass dies dann unser eigener Wille sei. Oder anders gesagt, wenn wir den Willen Gottes tun sollen, müssten wir ja zwangsläufig unseren freien Willen aufgeben. Das wäre logisch, aber die Logik hat ja mit dem Verstand zu tun und der Verstand ist eine Sache der Materie und die Materie hat wiederum nichts mit dem Geistleben zu tun. Deshalb müssen wir diese Frage von einer ganz anderen Seite anpacken.

Was ist der Wille Gottes?

Uns allen ist die Trinitätsformel "Vater, Sohn und Heiliger Geist" bestens bekannt. Die natürlichen Christen, ich meine damit die natürlich gesinnten Christen haben aus dieser Trinität eine dreiköpfige Gottheit erschaffen. Also eine Abkehr vom Monotheismus. Sie sagen, dass es drei Personen sind, aber weil man die Abkehr der Ein-Gott-Lehre doch nicht so ganz zugeben will, sagt man, es wären zwar drei Personen, aber doch nur ein Gott.

Wie konnte es zu einer solchen Verwirrung kommen? Ganz einfch, weil natürliche Christen die geistige Entsprechungen in der Materie nicht erkennen können! Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als alles materiell, alles wörtlich erfassen zu wollen. Vater, Sohn und Heiliger Geist haben aber eine ganz andere Bedeutung, wie ja die Lektüre des Johannesevangelium, Kap. 1, ab Vers 1 lehrt.
Der "Vater" in der Trinitätsformel bedeutet nicht ein familiäres Oberhaupt wie im Irdischen, sondern der "Vater" bedeutet "Liebe". "Vater" ist also die Entsprechung für Liebe. Es gibt noch eine andere Entsprechung für die Liebe und die lautet "Feuer". Aber davon in einem andern Aufsatz mehr.  Nun hat der Trinitäts-Vater einen Sohn. Wäre das für die Evangelischen eine verwandtschaftliche Beziehung? In gewisser Hinsicht ja, dann nämlich, wenn wir das gezeugte Etwas des "Feuers", also der "Liebe" ansehen, dann merken wir, dass die Erzeugung des Feuers das "Licht" ist. Das Licht ist also der Sohn des Feuers, der Liebe. Jesus nennt sich während Seines Erdenganges den "Sohn" und sagt: "Ich bin das Licht der Welt". Hier ist die Entsprechung: Sohn = Licht. Licht bedeutet aber auch Erkenntnis, Weisheit, ja, das WORT insgesamt! 

Die dritte Person, welche ja gar keine Person ist, der Heilige Geist, bedeutet der "Wille", die "Kraft" und die "Macht". Und das macht dann diese "Gottheit" aus: die Liebe, das Liebe-Licht und der Liebe-Wille. Das ist die geistige Sicht der Gottheit, wie sie uns nicht nur im Geistigen, sondern auch im Materiellen begegnet. Jeden Tag, Jede Stunde – immer!

Wenn wir nun vom Willen Gottes reden, meinen wir damit den Heiligen Geist! 

Was ist der (eigene) freie Wille?

Genauso wie es sich mit dem Willen Gottes verhält, verhält es sich bei uns Menschen. Auch bei uns ist der Wille = Geist. Der grosse Unterschied dürfte aber wohl derjenige sein, dass wir nicht unbedingt von einem Liebe-Willen reden können, es sei denn, dass man diese Liebe auf die Selbst-Liebe bezieht.


Nun gut, wenn also unser eigener, vermeintlich freier Wille ebenfalls Geist ist und wir bedenken, dass der Geist ja oftmals noch gar nicht erzeugt ist, was hat es denn damit auf sich? Nun, Wille ist immer gleich Geist. Das Problem ist nur, wenn es nicht der eigene Geist mangels Erzeugung ist, dann muss es wohl ein anderer Geist sein – oder nicht? Ja, leider ist das so. Wo der eigene Geist noch nicht erzeugt ist, bzw. dadurch auch keine Verbindung mit dem Heiligen Geist hat, dann hat er eben Verbindung mit anderen Geistern, bzw. diese Geister haben direkte Verbindung mit der Seele. Und die arme Seele tut dann den Willen dieser meist finsteren Geister und meint, es sei ihr eigener, freie Wille. Genau das hat uns Paulus im berühmten Kapitel 7 des Römerbriefes berichtet: Ich tue, was ich nicht will und ich will, was ich nicht tue. Also ein ferngesteuerter Wille – der aber doch meistens als eigener, freier Wille  daherkommt – aber er ist es nicht!

Der wahre, eigene und freie Wille ist immer der eigene, erzeugte und im Wachstum begriffene Geist, welcher automatisch immer, dem Wachstum entsprechend, die Verbindung zum Göttlichen sucht! Eben zum Heiligen Geist und das ist ja der Göttliche Wille.

Nun kommts darauf an, inwieweit die Seele bereit ist, das sinnliche Leben (= der Wille der finsteren Geister, des "Fleisches", des vermeintlichen eigenen freien Willens) aufzugeben, damit der eigene Geist und somit der wahre eigene Wille, wachsen kann.

Wir sehen daraus, dass im besten Fall sich der eigene freie Wille immer dem Willen Gottes unterwirft – sofern die Seele dabei mitmacht. Unser eigener Geist ist ja das "Gottesteilchen" in uns, das Ebenbild Gottes und damit wiederum Sein Wille.

Hat Luther doch recht?

Wenn wir das vielzitierte Lutherwort betrachten

"Auf diese Weise ist der menschliche Wille mitten zwischen beide [Gott und Satan] gestellt, ganz wie ein Reittier, wenn Gott darauf sitzt, will er und geht, wohin Gott will ... Wenn der Satan darauf sitzt, will er und geht, wohin der Satan will. Und er hat nicht die Entscheidungsfreiheit, zu einem der Reiter zu laufen oder ihn zu suchen, sondern die Reiter selbst streiten darum, ihn festzuhalten und zu besitzen."

müsste man ihm ja fast zustimmen. Aber Luther bleibt Luther und von wem er geritten wurde, wissen wir ja auch. Ebenso wissen wir, dass wir alle von Geburt auf zuerst mal vom Teufel geritten werden und es dann aber in unserer Entscheidung liegt, diesen Reiter abzuwerfen. Aber um überhaupt dies entscheiden zu können, muss bereits Licht vorhanden sein, also unser Geist muss da bereits seinen Einfluss geltend machen können. Ist das der Fall, dann haben wir unseren freien (oder doch den Göttlichen?) Willen, diesen elenden Reiter aus dem Sattel zu heben – was dann allerdings ein Werk des Geistes aus Gott ist!

Wir sehen also wieder:

Haben wir einen echten freien Willen, dann haben wir ihn Gottes Willen unterworfen – und: haben wir unseren Willen Gott unterworfen, erst dann haben wir einen freien Willen!

An einem Beispiel sehen wir diesen Sachverhalt ganz deutlich. Es steht geschrieben "Das ist der Wille Gottes, eure Heiligung!" Bei demjenigen Christen, dessen Geist noch unterentwickelt, bzw. noch gar nicht gezeugt ist, herrscht dann die Meinung vor, dass sie sich nicht speziell heiligen müssen, denn sie seinen bereits geheiligt durch das Blut Christi. Für die anderen, deren eigener Geist bereits im Wachstum begriffen ist, ist die aktive Heiligung, also die Läuterung der Seele eine Selbstverständlichkeit und nehmen deshalb ihr Kreuz auch bereitwillig, dankbar und demütig an. Das bewirkt der eigene Geist, der nun bereits eins ist mit dem Heiligen Geist. Der Wille Gottes ist somit zum eigenen Willen geworden.

Nun kommt noch ein weiteres hinzu. Unser Geist ist, wie wir wissen, ein von Gott gegebener Geist, der unser Wille ist. So hat Gott bereits seinen Willen in uns gelegt. Unser Geist, nicht unsere Seele, ist das Ebenbild Gottes und wie könnte dies etwas anderes sein, als Gottes ureigenster Wille?

Im Prinzip ist das alles ganz einfach und gar nicht so kompliziert. Aber es geht vielleicht auch nur darum. dass wir alles, wirklich alles mit geistigen Augen zu betrachten versuchen. So manche Frage wird uns beantwortet, wenn wir nach innen gehen, weil nur dort die Zusammenhänge erschlossen werden können. Innen, das heisst im Herzen, dort ist unser Geist zu Hause – und das ist der Wille Gottes, dort Seinem Kommen zu harren ...




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