Mittwoch, 28. April 2010

Erweckung und Wiedergeburt

Es gibt wohl kaum weitere biblische Begriffe, welche so kontrovers gehandhabt werden – aber auch vielfach falsch verstanden werden – wie 'Glaube' und 'Wiedergeburt'.

In der Monatsumfrage vom April antworteten die meisten Leser dieses Blogs auf die Frage, wann die Wiedergeburt stattfände, mit 'nach der Bekehrung'. Die anderen Antwortvorgaben waren: 'nach erfolgter Heiligung' und 'Wiedergeburt ist Reinkarnation'. Die letzte Antwort fällt natürlich weg, denn Reinkarnation kennen nur die östlichen Religionen. Die biblische Lehre, das Evangelium lehrt, dass die Wiedergeburt die Erfüllung der Seele mit dem Heiligen Geiste ist. Die entscheidende Frage – mit weitreichenden Folgen – aber ist, wann diese Wiedergeburt stattfindet. Wichtig ist nun zu wissen, wovon man spricht: Die Wiedergeburt ist nicht ein einmaliges Ereignis, sondern ein Prozess. Demzufolge gibt es einen Beginn und ein Ende dieses Prozesses oder dieser Entwicklung. So unterscheiden wir zwischen dem Anfang der Wiedergeburt und der vollen Wiedergeburt. Ebensowenig wie ein Mechaniker-Lehrling am ersten Tag in seiner vierjährigen Ausbildungszeit sagen kann, er sei Mechaniker, genauso wenig kann ein gläubiger Christ am Beginn seines Glaubenslebens sagen, er sei voll wiedergeboren. Sagt jemand 'ich bin wiedergeboren', so verstehe ich, dass er voll wiedergeboren sei.

Bekehrt sich ein sündiger Mensch durch das gnadenvolle Wirken des Geistes Gottes in ihm, dann führt gewöhnlich der Geist ihm seine üblen Sünden vor Augen und er erkennt die gnadenvolle Erlösung durch das heilige Blut Jesu als seine Errettung. Je nachdem mit welcher Inbrunst und welchem Ernst diese Bekehrung erfolgt, empfindet er eine vorher nie erlebte Seligkeit. Ein hohes Gefühl der wärmsten Freude übermannt ihn unerwartet. Dieses fast berauschende Empfinden hält dann eine geraume Zeit an und klingt eine längere Zeit nach. Doch warum und wie geschieht das? Es ist die grosse Freude des Himmels, es ist die schönste Freude der Engel, wenn ein Sünder die winzig kleine Pforte gefunden hat und sie durchschreitet um auf dem schmalen und dornenreichen Weg zurück zu kehren ins Vaterhaus. Gott, die Engel, der Geist Gottes, Jesus, ja, das ganze Himmelreich ist im eigenen Herzen und nicht irgendwo ausserhalb und deshalb kommt diese überwältigende Freude bei der kompromisslosen Umkehr auch so ganz aus dem tiefsten Herzen. "So, sage ich euch, wird Freude sein vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut" (Luk.15.10).

Die ernste Umkehr vom breiten Weg der finsteren Sünde, vom toten Leben in und für die vergängliche Materie, ist der Beginn einer längeren seelisch/geistigen Entwicklung. Vielfach herrscht die Meinung vor, dass dieses überwältigende Seligkeits-Erlebnis und die geänderte und neu ausgerichtete Lebensperspektive nun die Wiedergeburt sei. In den meisten (Frei-) Kirchen wird das leider so gelehrt. Es ist aber nur die halbe Wahrheit, weil diese Wiedergeburt hiermit erst seinen Anfang nimmt. Bis zur vollen Wiedergeburt ist es dann noch ein weiter, weiter Weg, wenn sie überhaupt in diesem Erdenleben je erreicht wird. Es ist verständlicher, wenn wir von einer Erweckung (des Geistes) sprechen. Wenn die Seele beginnt Gott zu lieben, dann kann sich der Geist im Herzen regen und sich langsam befreien und wachsen, je nach dem wie nun die Reinheit des Herzens, der Seele, bzw. des Denkens zunimmt. Lehrt man die Gläubigen, dass sie nach der Bekehrung schon wiedergeboren sind, dann meint jeder, dass er schon am Ziel sei und eine weitere Entwicklung erübrige sich dann. Nein, mit der Bekehrung ist man noch nicht am Ziel, sondern erst am Anfang einer längeren Seelen-Ausbildung, auch Heiligung genannt.

Die volle Wiedergeburt

Die volle Wiedergeburt bedeutet: "Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden." (2.Kor. 5,17). Macht aber nicht jeder Gläubige einen Tag nach seiner ernsten Bekehrung und der vermeintlichen Wiedergeburt die leidige Erfahrung, dass doch noch nicht so alles neu geworden ist, dass die alten Begierden, Leidenschaften und Gewohnheiten noch nicht verschwunden sind und dass die ganze Gedankenwelt immer noch viel zu fest vom materiellen Leben geprägt wird? Ertappt er sich nicht in manchen alltäglichen Situationen immer wieder dabei, dass heisser Zorn oder den Geist trübenden Ärger aufwallen und dass es doch nicht so ganz einfach ist, all denen zu vergeben und sie zu rechtfertigen, welche ihm auf die eine oder andere Art und Weise einen materiellen oder seelischen Schaden zugefügt haben? Das sind nicht die löblichen Eigenschaften der geistigen Wiedergeburt, sondern zeugen noch vom altbekannten Leben des alten Adams in uns. Darum: Lasst uns nicht wähnen, wir seien am Ziel, sondern nehmen wir das Wort des Paulus ernst, wenn er mahnt: "Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung" (1.Thessalonicher 4,3). Die volle Wiedergeburt erleben wir nach erfolgter Heiligung, wenn der Geist Gottes unsere ganze Seele bis in die kleinste 'Faser' durchströmt. Dann können wir mit Paulus sagen: "Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir" (Gal.2,20). Das bedeutet nun aber auch, dass die gläubige Seele nichts mehr von sich aus unternimmt, keine eigene Wünsche (materielle schon gar nicht) mehr hat, sein Ego ganz und gar gekreuzigt ist, seine fünf Sinne die Seele nicht mehr mit ihren Reizen betören kann und seine leiblichen Bedürfnisse keinen Faktor mehr in seinem Leben darstellt. Der voll Wiedergeborene lebt nur für Jesus, sein eigenes Leben ist ihm nichts mehr wert. Bei ihm trifft es auch zu, was Johannes mit seinen Worten sagt: "Und die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr habt nicht nötig, dass euch jemand lehrt; sondern wie euch seine Salbung alles lehrt, so ist's wahr und ist keine Lüge, und wie sie euch gelehrt hat, so bleibt in ihm" (1.Joh.2,27). Trifft dies auch für einen soeben Bekehrten zu? Diese Salbung, diese Reife ist heute noch genauso ein Erfordernis für das Leben im Geist wie vor zweitausend Jahren. Die Bibel kann diese Salbung, die Wiedergeburt nicht ersetzen.

Paulus lehrt die Epheser, worauf es in der ersten Zeit nach der Bekehrung ankommt (Epheser 4,17 bis 5,20 und ff): Das Ablegen der fleischlichen Begierden, sinnlichen Leidenschaften und alten Gewohnheiten. Das ist beileibe nicht leicht und einfach. Dies schafft man nur durch die stützende Hilfe und schöpferische Kraft des innewohnenden Geistes Gottes. Hat man die unheilige Liebe zur Welt und der vergänglichen Materie einmal soweit überwunden, so ist die Überwindung des Egos mit allen seinen unreinen Eigenschaften der Finsternis wie Zorn, Hochmut, Geiz, Neid usw. das nächste Ziel.

Der Geist Gottes selbst führt uns auf diesem Weg der Heiligung und gibt uns jeweils das nächste Ziel vor. Auch Paulus ist diesen Weg gegangen und mahnt deshalb: "und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus" (Phil3,14).



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